Der wahre Grund, warum du deinen fotografischen Stil nicht findest.
Einen eigenen Stil in der Fotografie zu entwickeln, ist eine der größten Herausforderungen für jeden Fotografen. Immer wieder bekommen wir als Fotografen gesagt, dass wir uns von der Masse abheben müssen, um erfolgreich zu sein. Doch was bedeutet das eigentlich? Wie findest du deinen eigenen Stil? Und ist es wirklich notwendig, eine unverkennbare Handschrift zu haben, um in der Fotografie erfolgreich zu sein? In diesem Beitrag erzähle ich dir von meinem Weg zum eigenen Stil – einer Reise voller Inspiration, Selbstzweifel und letztlich einer unerwarteten Bestätigung: dem Gewinn der Hasselblad Masters. Es war ein langer Prozess, der mir gezeigt hat, dass ein Stil nicht durch eine Technik oder ein bestimmtes Equipment entsteht, sondern durch meine eigene Sichtweise auf die Welt.
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Die Herausforderung: Einen einzigartigen Stil finden
Ich erinnere mich noch genau an die ersten Jahre meiner Karriere als Fotograf. Überall hörte ich dieselbe Aussage: „Wenn du erfolgreich sein willst, brauchst du einen eigenen Stil.“ Ich schaute auf die großen Fotografen, die mich inspirierten – Joey Lawrence, bekannt für seine episch ausgeleuchteten Portraits, Erik Almas, der mit surrealen Composings arbeitet, und Gregory Crewdson, der ganze Filmsets für seine melancholischen Großformat-Fotografien inszeniert. Jeder von ihnen hatte einen unverkennbaren Look, der ihre Arbeit sofort erkennbar machte.
Also begann ich, ihre Techniken zu analysieren und sie in meine eigene Fotografie zu integrieren. Ich dachte, wenn ich ihre Elemente kombiniere, würde ich automatisch meinen Stil finden. Ich verlor mich in der Technik, versuchte mich an künstlichem Licht, aufwendigen Composings und komplexen Inszenierungen – aber es fühlte sich nie nach meiner Arbeit an. Jedes Bild wirkte wie ein Nachbau, eine Kopie. Ich wurde frustriert und begann an mir zu zweifeln.
Der Irrweg über Technik und Equipment
Parallel dazu machte ich den Fehler, meine fotografische Identität durch Equipment definieren zu wollen.
- Leica Look, Hasselblad Color Science, Canon Hauttöne – all diese Begriffe suggerieren, dass Kameras einen Stil vorgeben können.
- Ich investierte in Profoto-Blitze, ein High-End-Set an Canon-Kameras und baute mir ein professionelles Equipment-Setup auf.
- Ich las unzählige Reviews, verglich Objektive, probierte verschiedene Brennweiten aus – doch all das brachte mich meinem Ziel nicht näher.
Natürlich war es eine sinnvolle Investition in mein Business als Architekturfotograf, aber es half mir nicht, einen persönlichen Stil zu entwickeln. Ein Stil ist keine Frage der Technik oder des Equipments – diese Erkenntnis sollte ich erst später wirklich verstehen.
Modern Alpine Architecture - Der Wendepunkt meiner Fotografie
Der Wendepunkt: Eine Reise in die Alpen
Dann kam Dezember 2019 – und mit ihm die COVID-19-Pandemie. Plötzlich waren alle Aufträge weg, es gab Lockdowns und eine neue Realität voller Unsicherheiten. In dieser Zeit wurde mir schmerzhaft bewusst, was mir fehlte: Das Gefühl, draußen zu sein. Ich wollte wieder in die Berge, Architektur fotografieren und das mit meiner Leidenschaft für das Bergsteigen verbinden. Also scrollte ich durch meine Bucket List von Gebäuden, die ich immer schon fotografieren wollte. Und mir fiel auf: Die spannendsten davon standen in den Alpen.
Eine Idee wird geboren: „Modern Alpine Architecture“ - Ich begann zu recherchieren und eine Route zusammenzustellen: **7 Tage – 7 Gebäude**. Eine ambitionierte Planung, genau nach meinem Geschmack. Mein langjähriger Kletterpartner Marcus war sofort dabei, und als der Lockdown im Sommer 2020 gelockert wurde, machten wir uns auf den Weg – das Auto vollgepackt mit Kameraequipment und etwas Platz zum Schlafen. Gleich am ersten Tag wurden wir mit strömendem Regen begrüßt. Doch am nächsten Morgen riss der Himmel auf, und wir standen inmitten eines feuerroten Wolkenmeeres am Timmelsjoch Passmuseum. Der Wind peitschte durch das Tal, die Wolken zogen in atemberaubender Geschwindigkeit – eine Szenerie wie aus einem Hollywood-Film. Ich fotografierte 18 Stunden lang ohne Pause, völlig vertieft in das Motiv. Ohne Gedanken an meinen Stil, an Social Media oder an Technik. Nur pure Leidenschaft für das Bild.
Für diese Reise hatte ich mir eine lange Liste an Ideen überlegt – klassische Architekturfotografie, Drohnenaufnahmen, Zeitraffer, aber auch eine spezielle Technik, die ich bei Reuben Wu entdeckt hatte: Lichtmalerei mit einer Drohne. Reuben Wu nutzt seine Drohne nicht, um Bilder aufzunehmen, sondern um mit Licht ganze Landschaften zu modellieren. Ich wollte dieses Prinzip auf moderne Architektur in den Alpen übertragen. Am Timmelsjoch stand ich vier Stunden lang in der Kälte, mit 70 km/h Wind und 4°C, während Wolken die Sicht immer wieder verdeckten. Immer wieder blitzten für wenige Sekunden die Sterne und die Milchstraße durch. Und als ich endlich den perfekten Moment erwischte, war mir klar: Diese Serie hat das Potenzial, etwas Besonderes zu werden.
Ein Traum wird war: Platz 1 bei den Hasselblad Masters 2021 für meine Serie “Modern Alpine Architecture”
Der Durchbruch: Hasselblad Masters und die Erkenntnis über Stil
Nach der Reise hatte ich über 9.000 Bilder, die ich im zweiten Lockdown sortierte und bearbeitete. Jeden Vormittag saß ich stundenlang in meiner provisorischen Dunkelkammer – einer Ankleide, da mein Arbeitszimmer noch nicht eingerichtet war. Doch während ich die Bilder sichtete, kamen die Selbstzweifel zurück: Sind diese Bilder wirklich gut genug? Habe ich die richtige Bearbeitung gewählt? Hätte ich es noch besser machen können? Trotz dieser Zweifel entschied ich mich, die Bilder bei verschiedenen Fotowettbewerben einzureichen. Und dann geschah das Unfassbare: Nach Monaten bekam ich eine E-Mail – im SPAM-Ordner. Ich hatte die Hasselblad Masters in der Kategorie Architektur gewonnen. Ich konnte es nicht glauben. Nach einem Anruf in Schweden wurde es bestätigt. Von 70.000 Fotografen weltweit hatte die Jury meine Serie ausgewählt.
Das Wichtigste, was ich aus diesem Moment mitgenommen habe, war nicht das Prestige oder die Preise. Es war das Vertrauen in meine eigene Arbeit. Mein Stil war nie etwas, das ich “gefunden” hatte – er war immer schon da. Ich hatte ihn nur nicht erkannt. Die Faszination für moderne Architektur in majestätischer Natur, die Liebe zur Nachtfotografie und zur Gestaltung mit Licht – das waren die Zutaten, die sich über Jahre organisch entwickelt hatten.
Fazit: Dein Stil ist bereits in dir
Was kannst du aus meiner Erfahrung mitnehmen? Folge deiner inneren Stimme und fotografiere so viele freie Projekte wie möglich. Schau dir am Ende des Jahres deine Bilder an und überlege:
Welche Motive haben dich am meisten fasziniert?
In welcher Lichtstimmung haben deine Bilder am besten funktioniert?
Welche Bearbeitung gefällt dir besonders gut?
Deinen Stil findest du nicht in einem YouTube-Video, Blogartikel oder Kamera-Review. Dein Stil entsteht aus deiner persönlichen Sicht auf die Welt. Bleib dran – und wer weiß? Vielleicht ist dein großer Durchbruch nur eine Fotoserie entfernt.
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Viel Spaß beim Fotografieren und bis zum nächsten Mal!