Wenn Fotografie nicht mehr reicht.

Wie eine Videoproduktion mein Hasselblad-Fotoshooting fast gesprengt hätte

Großartige Bilder reichen nicht mehr aus. Zumindest nicht, wenn man heute als Fotograf bestehen will. Stattdessen heißt es: Du musst Geschichten erzählen. Du brauchst Content. Reels. YouTube. Und ehrlich gesagt – das hat mich erst einmal ziemlich überfordert. Denn plötzlich fühlt sich ein fertiges Foto nicht mehr wie das Endprodukt an, sondern wie der Anfang einer viel größeren Erwartungskette. Genau das war der Ausgangspunkt meines neuen YouTube-Videos, in dem ich dich mitnehme hinter die Kulissen meines Hasselblad-Masters-Shootings in den Alpen – und dir zeige, warum eine zusätzliche Videoproduktion alles verändert hat:


Herausforderung: Wenn plötzlich alles doppelt so lange dauert

Als sich die Gelegenheit bot, mein Projekt für die Hasselblad Masters Awards in den Alpen zu fotografieren, wollte ich es richtig machen. Ich habe fast mein komplettes 5.000 $ Budget eingesetzt, um einen Filmemacher und einen zweiten Fotografen für die Produktion ins Boot zu holen. Meine Idee: Eine professionelle Behind-the-Scenes-Dokumentation, die zeigt, wie ich arbeite – und damit potenzielle Kunden und Partner für meine Bildsprache begeistern kann. Nach sechs Tagen in den Bergen stieß Daniel zu unserem Team – Videoproduzent und unter anderem beteiligt am Launch der DJI Inspire. Auch Matthias, ein erfahrener Sportfotograf, war nun mit dabei. Ich hatte mit beiden schon öfter gearbeitet – aber diesmal stand ich im Zentrum der Produktion. Und das machte einen enormen Unterschied. Bereits als wir in Sölden, Österreich, ankamen, spürte ich, wie anders die Abläufe waren: Kein schneller Rucksack-Check und los. Stattdessen: Auto ausräumen, Objektive sortieren, Akkus verteilen, noch etwas Essen, dann noch ein Kaffee… zwei Stunden später ging es endlich los. Die Leichtigkeit, mit der ich sonst losziehe, war verschwunden.



Konzentriert bei der Produktion von Interieur Bildern im Architektur Highlight “007 Elements Sölden”

Zwei spektakuläre Locations, zu wenig Zeit

Mit einem Mix aus Canon Vollformat, Hasselblad Mittelformat, DJI Ronin 4D, zwei Mavic-Drohnen und einem Syrp Slidersystem machten wir uns auf den Weg auf den 3.000 Meter hohen Gaislachkogl. Schon die Anreise war ein Erlebnis für sich: vollgepackt mit Equipment, unter stahlblauem Himmel und begleitet vom Summen der Gondel, die uns Stück für Stück näher an die Spitze brachte. Unser Ziel: zwei ikonische Bauwerke, wie geschaffen für meine Serie ENLIGHTEN, an denen ich schon seit Monaten konzeptionell gearbeitet hatte.

An der Gipfelstation angekommen warteten zwei architektonische Highlights, die kaum unterschiedlicher sein konnten und gleichzeitig beide absolut spektakulär waren: das iceQ Restaurant – bekannt aus James Bond SPECTRE, wo es als futuristisches Sanatorium und als Beginn einer atemberaubenden Verfolgungsjagd durch die österreichische Winterlandschaft inszeniert wurde – und das 007 Elements Museum, das sich in seiner Dauerausstellung dem Mythos James Bond widmet. Für beide Locations hatte ich nicht nur intensive Recherchen betrieben, sondern auch monatelang die nötigen Genehmigungen eingeholt – besonders für das Museum, bei dem die Lizenzgeber des Bond-Franchises äußerst genau darauf achten, was veröffentlicht werden darf.

Doch statt Ruhe, Zeit und Konzentration erwartete uns Chaos. Die Öffnungszeiten der Gebäude waren streng limitiert – nur zwei Stunden blieben uns für alles. Ich hatte geplant, Innenaufnahmen zu machen, meine Lichtinstallationen für die Nacht vorzubereiten und gleichzeitig gutes BTS-Material zu liefern. Matthias und Daniel hatten ihre eigenen Vorstellungen für Kamerafahrten und Perspektiven, die ich unterstützen wollte. Ich versuchte alles unter einen Hut zu bringen, war ständig hin- und hergerissen zwischen meinen eigenen Bildern und meiner “Schauspieler Arbeit" für die BTS Fotos und Videos. Dazu kamen Touristen im Bild, die von der Architektur genauso begeistert waren wie wir – was man ihnen nicht verübeln kann –, aber uns zusätzlich Zeit kosteten. Und während die Uhr tickte, türmten sich meine Aufgaben. Ich merkte, dass das so nicht weitergehen kann.

Als ich merkte, dass die Innenaufnahmen unter der gleichzeitigen Videoproduktion litten – technisch, inhaltlich und emotional – traf ich eine bewusste Entscheidung: Ich stoppte meine fotografische Arbeit und ließ Matthias und Daniel in Ruhe ihre Szenen drehen. Lieber starkes Videomaterial als mittelmäßige Bilder. Als schließlich die letzten Angestellten mit der Gondel ins Tal fuhren und der letzte Tourist verschwunden war, wurde es still auf 3.000 Metern. Nur unser kleines Team blieb zurück – allein mit dem Wind, dem Licht und der kargen Landschaft. Wir rollten unsere Schlafsäcke im Besucherzentrum aus, kochten Tee und ließen die Hektik des Tages langsam abfallen. Dieser Sonnenuntergang über den Gipfeln war wie eine Belohnung. Ein Moment der Ruhe und Klarheit – und das Signal für einen Wechsel im Fokus.

Doch eine lange Pause war das nicht. Für den frühen Abend war noch eine zweite wichtige Aufgabe geplant: die Erstellung von BTS-Content für das Syrp Motion Control System und die Manfrotto Stative. Während Daniel und Matthias sich langsam aufeinander einspielten, übernahmen sie das Setup für Kamera und Licht, und ich wurde – für einen Moment – zum reinen Techniker. Ich baute das Motion-Control-System fünfmal auf und wieder ab, stellte motorisierte Achsen ein, bewegte Slider millimetergenau vor der Kamera und bemühte mich dabei, professionell und motiviert zu wirken. Aber ich merkte auch, wie viel Spaß es macht, nicht nur hinter der Kamera, sondern auch als Akteur vor der Kamera zu funktionieren. Ich musste allerdings lernen, in diesem Moment meine Suche nach tollen Fotos loszulassen – und das war gar nicht so einfach. Doch genau das war notwendig. Denn nur so konnten wir das nötige Material für unsere Sponsoring Partner drehen.

Das 007 Elements von Obermoser Architekten unter einem traumhaften Sternenhimmel.

Erkenntnisse zwischen Drohne, Dämmerung und Design

Als die Sonne unterging war wieder ich am Zug. Jetzt stand das Shooting für die Hasselblad Masters Serie im Vordergrund. Daniel und Matthias hielten sich im Hintergrund, während ich mein Setup in aller Ruhe aufbaute. Die Location war jetzt unser exklusiver Spielplatz. Endlich keine Hektik mehr, sondern Konzentration, nicht mehr Reizüberflutung, sondern Fokus. Jetzt konnte ich in meinem gewohnten Flow arbeiten. Drei Motive entstanden an diesem Abend für meine ENLIGHTEN Serie. Das iceQ Restaurant verwandelte sich im Dunkeln in eine leuchtende Skulptur, fast wie ein Raumschiff aus Glas und Stahl, das in der alpinen Mondlandschaft gelandet war. Die 100 Megapixel der Hasselblad X2D machten jedes Detail sichtbar – von den strukturierten Oberflächen der Architektur bis hin zu winzigen Reflexionen im Glas. Ein Bild, auf das ich seit Monaten hingearbeitet hatte – und das mich in diesem Moment wieder daran erinnerte, warum ich all das tue.

Für den finalen Shot des Abends – unseren Hero Shot – hatten wir uns das Beste bis zum Schluss aufgehoben. Das Bild zeigt das 007 Elements wie eine leuchtende Festung, die sich aus einer kargen, fast außerirdisch wirkenden Berglandschaft erhebt. Schon am Nachmittag hatte ich ich zwei Aputure MC Lichter mit Powerbank im Museum positioniert, damit die Glasfassade nachts leuchten würde. Die Lichter waren auch außerhalb des Museums per App steuerbar, selbst nach Schließung und gerade einmal 20 % Leuchtkraft reichten aus, um die riesige Fläche zu illuminieren. Daniel testete die Reichweite seiner Mavic 3 Cine, und gemeinsam beleuchteten wir nicht nur das Gebäude, sondern den gesamten anschließenden Gebirgskamm. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat. Dieses Bild ist ein starker Beitrag für meine Hasselblad Masters Serie – und im ultrabreiten Hasselblad X-Pan Format entfaltet es seine volle Wirkung. Es ist faszinierend, welche kreativen Möglichkeiten eine 100MP Kamera in der Nachbearbeitung eröffnet.

Das iceQ Restaurant von Obermoser Architekten steht bei Sonnenaufgang in Flammen.

Magische Morgenstimmung nach durchwachsener Nacht

Die Nacht war unruhig. Nicht nur wegen der dünnen Luft auf knapp 3.000 Metern, sondern auch wegen des Teams – Schnarchen, Schnupfen, wälzen. Am frühen Morgen, noch bevor der erste Kaffee gedacht werden konnte, explodierte der Himmel in einem spektakulären Rot. Für einige Minuten schien es, als ob alle Wolken in Flammen stünden. Das Licht tauchte den Gaislachkogl in eine unwirklich schöne Atmosphäre – genau die Art von Licht, die man sich als Fotograf nur wünschen kann. Dank der Planung vom Vortag wusste ich genau, welche Kompositionen funktionierten. Und so entstanden innerhalb kürzester Zeit zwei außergewöhnliche Bilder, die es sogar als Fineart Prints in meinen Onlineshop geschafft haben. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen alles zusammenpasst: Wetter, Licht, Team, Technik – und der eigene Kopf.

Wir waren wieder im Flow. Daniel und Mathias filmten, ich fotografierte, wir nahmen Rücksicht, arbeiteten Hand in Hand. Ich hatte meine Fotos und war wieder bereit, vor die Kamera zu treten. Dreimal den Hang hoch, viermal das Objektiv gewechselt, fünfmal begeistert in die Landschaft gestarrt – und trotz Müdigkeit, nicht genervt – sondern dankbar. Solche Tage sind der Grund, warum ich Fotografie liebe.


Was ich aus dieser Produktion gelernt habe

Die vergangenen 24 Stunden waren nicht nur fotografisch, sondern auch menschlich intensiv. Wenn du selbst planst, ein Fotoprojekt mit einer kleinen Behind the Scenes Crew umzusetzen, dann möchte ich dir ein paar Erkenntnisse mitgeben, die dir den Einstieg leichter machen können.

  1. Verabschiede dich von der Idee, mit 20 großartigen Bildern nach Hause zu kommen. Konzentriere dich auf eine Handvoll Aufnahmen, für die du dir – gemeinsam mit deinem Team – richtig viel Zeit nehmen kannst. Diese Zeit brauchst du, um für dein Video eine Story zu entwickeln, das Bild-Setup sauber zu dokumentieren und zusätzliches Material von der Location zu erstellen.

  2. Erstelle einen Zeitplan – und dann verdopple alle Zeiten. Gerade bei Multicrew-Projekten wirst du dich wundern, wie schnell Stunden vergehen. Plane zwischen den einzelnen Shoots mindestens 2-3 Stunden für Equipmentwechsel, Daten-Backups und Teamverpflegung ein. Und rechne mit Pufferzeiten für unerwartete Verzögerungen.

  3. Arbeite mit einer klaren Shotlist. Wir hatten unser gesamtes Projekt in Milanote organisiert – mit Beispielbildern und klaren Aufgaben für meine Bildserien sowie das Material für Sponsoren. Das hat enorm geholfen, den Überblick zu behalten und Doppelarbeit zu vermeiden.

  4. Fang klein an. Mach lieber ein paar Tagesproduktionen in deiner Umgebung, bevor du direkt mit einer 10-tägigen Produktion ins Ausland startest. Du wirst viel über dich selbst und dein Team lernen.

  5. Die Chemie im Team ist wichtiger als teures Equipment. Dein Team sollte dich inspirieren, nicht ausbremsen. Eine gemeinsame Motivation, ähnliche Arbeitseinstellung und gegenseitiger Respekt sind das Fundament für jede gelungene Produktion.


Fazit: Große Produktionen brauchen gute Vorbereitung – und Flexibilität

Diese Produktion in den Alpen hat mir gezeigt, wie stark sich die Dynamik verändert, wenn plötzlich nicht nur Bilder, sondern auch Videos entstehen sollen – und das mit mehreren Leuten im Team. Es kostet Kraft, Koordination und Nerven, aber das Ergebnis ist dafür auch vielschichtiger. Für mich war es der erste Schritt in Richtung größerer Produktionen, und ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Projekte. Wenn du deine Arbeitsabläufe als Fotograf verbessern oder deine Bilder auf das nächste Level bringen möchtest, dann begleite mich doch bei meinen beiden Fotoworkshops in Andalusien im September und November. Gemeinsam erkunden wir eine Woche lang die schönsten Orte Südspaniens – mit viel Zeit zum Lernen, Fotografieren und Austauschen. Auf meiner Website findest du auch individuelle Online-Workshops und Fotoreisen sowie ausführliche Einblicke in meine Fotoprojekte. Und wenn du noch nicht dabei bist, melde dich für meinen VIP-Club Newsletter an – jeden Monat gibt’s dort exklusive Inhalte und einen kostenlosen Bildschirmhintergrund zum Download.

Viel Spaß beim Fotografieren und bis zum nächsten Mal!

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